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Vorpeil, Klaus, Neuere Entwicklungen im englischen Handels- und Wirtschaftsrecht, RIW 2019, 185

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Vorpeil, Klaus, Neuere Entwicklungen im englischen Handels- und Wirtschaftsrecht, RIW 2019, 185
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Vorpeil, Neuere Entwicklungen im englischen Handels- und Wirtschaftsrecht 4/2019 RIW 189


8. Kein Ausschluss von Ansprüchen wegen falscher Zusicherungen durch Entire Agreement-Klausel

 
Der High Court hat entschieden, dass die Entire Agreement-Klausel16 in einem Anteilskaufvertrag (share purchase agreement) Ansprüche wegen falscher Zusicherungen (misrepresentations) nicht ausschließe. Es sei nicht richtig — wie aber in dem Rechtsstreit vorgetragen worden war —, den zu entscheidenden Sachverhalt von einem früheren Fall17 zu unterscheiden, in dem die vertragliche Vereinbarung so formuliert war, dass sie alle früheren Zusicherungen(„representations“) ersetze, und das Gericht entschieden hatte, dass diese Formulierung nicht ausreiche, um Ansprüche wegen falscher Zusicherungen auszuschließen, u.a. weil die Formulierung „representations“ Wörter von vertraglicher Bedeutung wie „promises“, „agreements“ und „understandings“ umfasse. In dieser Entscheidung hatte das Gericht seinerzeit die Ansicht vertreten, dass es nicht notwendig sei, dem Begriff „representations“ eine solche „nicht-normale“ Bedeutung beizumessen, da die Wörter in dessen Kontext, wie Korrespondenz, Verhandlungen und Zusicherungen, nicht ausschließlich vertraglicher Natur seien.

Der High Court stimmte dieser Betrachtungsweise für den vorliegenden Fall nicht zu, weil sich der Begriff „representations“ auf Zusicherungen beziehen könne, die Vertragsbedingungen seien, und sich diese Begriffe im Kontext auf Punkte beziehen könnten, die zur Begründung einer Nebenvereinbarung oder Garantie (warranty) verwendet würden. Er vertrat weiterhin dıe Auffassung, dass ein klarer Wortlaut notwendig sei, um Ansprüche wegen falscher Zusicherungen auszuschließen, und eine Entire Agreement-Klausel, die den Umfang der Vereinbarung festlege, hierfür nicht ausrei-


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che. Vielmehr sei eine klare Formulierung erforderlich, die eine Absicht begründe, über die Definition des Umfangs der vertraglichen Vereinbarung hinauszugehen und andere Ansprüche auszuschließen. Es sei in diesem Zusammenhang weiterhin nicht relevant, dass die Parteien ein vertragliches Recht auf Erstattung von Schäden im Rahmen einer Entschädigungsklausel (indemnity) vorgesehen hätten. Es hätte wirtschaftlich sinnvoll sein können, einen Anspruch wegen falscher Darstellung für den erstatteten Schaden auszuschließen, aber die Parteien hätten dies in ihrer Vereinbarung nicht berücksichtigt, und das Gericht solle diesbezüglich nicht eingreifen. Darüber hinaus würde die Auslegung der Entire Agreement-Klausel in dem Sinne, dass sie Ansprüche wegen falscher Darstellung ausschließe, die Parteien ohne Rechtsmittel hinsichtlich solcher Schäden lassen, die durch die Entschädigungsklausel nicht gedeckt seien.

High Court (Chancery Division), Urteil vom 1.11.2018, Al-Hasawi v Nottingham Forest Football Club Ltd18
 


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11. Pauschalierter Schadensersatz keine Vertragsstrafe

 
Der High Court hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine konkrete Klausel über pauschalierten Schadensersatz (liquidated damages)24 in EPC-Verträgen über Solarstromerzeugungsanlagen in Großbritannien eine Vertragsstrafenvereinbarung darstellt. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass die streitbefangene vertragliche Regelung über den pauschalierten Schadensersatz nicht als Vertragsstrafe zu qualifizieren und durchsetzbar sei.25 Die Beendigung des Vertrags habe keinen Einfluss auf den pauschalierten Schadensersatz. Dieser bleibe erhalten.26

High Court (Commercial Court), Urteil vom 7.11.2018, GPP Big Field LLP v Solar EPC Solutions SL (Formerly Prosolia Siglio XXI)27
 

16Klausel: „12. Entire Agreement
This agreement (together with the documents referred to in it) constitutes the entire agreement between the parties and supersedes and extinguishes all previous discussions, correspondence, negotiations, drafts, agreements, promises, assurances, warranties, representations and understandings between them, whether written or oral, relating to its subject matter.“

17So in dem Fall AXA Sun Life Services plc v Campbell Martin Ltd, [2011] EWCA Civ 133.
18[2018] EWHC 2884 (Ch).
24Auszug aus dem Vertrag: „In the event of the delay of more than fifteen (15) calendar days for the date of the commissioning, the Contractor shall pay to the [first claimant] a penalty, which shall be paid in the way that the amount of the penalty, as accrued up to the date of the next invoice of the Contractor to the [first claimant], shall be deducted from said invoice. The amount of the penalty is hereby established as the amount of £500 per day per MWp installed and per day that the construction works suffer a delay (Delay Damages). Delays of fifteen (15) calendar days or less shall not generate any penalty, being the 15 calendar days understood as an integral grace period over the whole Calendar of Works, not for each event of fortuitous reasons or Event of Force Majeure. The maximum of the penalty for delays of the Works shall be two hundred and fifty thousand pounds sterling per MWp (£250,000/MWp). In case of loss of production of the [...] Project as of 1 July 2012 the Contractor shall pay to the [first claimant] a penalty equal to the loss of monthly expected production (in accordance with the Technical Due Diligence and the table below) multiplied by the tariff applicable to the Project (Loss of Production Penalty). This loss of Production Penalty shall NOT be in addition to the Delay Damages penalty established above. In any case, in the event the Parties agree to modify the Price due to a change in tariff applicable to the Project, they shall off-set this Loss of Production Penalty with the new price conditions, to be negotiated between the parties in good faith."
25Siehe Cavendish Square Holding BV v El Makdessi and ParkingEye Ltd v Beavis, [2015] UKSC 67.
26Siehe Hall v Van Der Heiden (No 2), [2010] EWHC 586 (TCC).
27[2018] EWHC 2866 (Comm).

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