This page uses so called "cookies" to improve its service (i.e. "tracking"). Learn more and opt out of tracking
I agree

BGH NJW-RR 1990, at 817 et seq.

Title
BGH NJW-RR 1990, at 817 et seq.
Table of Contents
Content
817

BGH, Urteil vom 14. 3. 1990 - VIII ZR 18/89 (Schleswig)

Zur Frage der ergänzenden Vertragsauslegung, wenn der Verkäufer die vereinbarte Leistung aus Rechtsgründen nur in anderer Weise erbringen kann als dies im Vertrag vorgesehen war, dazu aber auch bereit und in der Lage ist (hier: Verkauf eines Pfandrechts ohne die zugrundeliegende Forderung).

Zum Sachverhalt:

Der Bekl. war Aktionär der dänischen Aktiengesellschaft DKF. Diese beauftragte im Sommer 1983 die KI., in R. (Dänemark) den Baukörper einer Fischzuchtanlage auf einem Grundstück der DKF zu erstellen. Zur Durchführung der Bauarbeiten schaffte die Kl. Baumaterialien an, die in B. (Dänemark) gelagert wurden. Ferner bestellte die DKF bei der Firma T-GmbH Dachfolien, die diese an die Kl. lieferte. Nachdem die DKF zahlungsunfähig geworden war, stellte die Kl. im Mai 1984 die Arbeiten am Rohbau ein. Im Juli 1984 erklärte die DKF den Rücktritt vom Bauvertrag mit der Kl. Im Mai 1985 wurde gegen die DKF in Dänemark ein Konkursverfahren eröffnet, ihr Grundstück in R. wurde zwangsversteigert und der Grundstücksgesellschaft R-GmbH zugeschlagen. In dem Konkursverfahren über das Vermögen der DKF machte die Kl. ein Unternehmerpfandrecht an den für das Bauprojekt vorgesehenen und bei ihr lagernden Dachfolien geltend. Als Aktionär der DKF war der Bekl. an einer Fortführung des Fischzuchtprojekts interessiert. Er wandte sich deshalb an die spanische Firma F, um von ihr finanzielle Hilfe für den Weiterbau der Fischzuchtanlage zu erhalten. Diese Firma erklärte sich grundsätzlich bereit, das Projekt fertigzustellen und die Kosten zwischenzufinanzieren.

Am 12. 9. 1986 schlossen die Parteien zwei Kaufverträge über die noch vorhandenen Baumaterialien. In einem ("Folienvertrag") war u.a. bestimmt

1.

Kaufgegenstand ist das von der Verkäuferin erklärte Pfandrecht an den im Eigentum der DKF, stehenden bei der Verkäuferin lagernden 1.1 Folien im Umfang von ca. 150000 m2, Gewicht ca. 13,4 t. 1.2. Netzwerk für eine Konstruktionsfläche von 2 x ca. 30500 m².

3.

Leistungsinhalt, Minderung. 3.1. Grundlage des Kaufvertrages ist die Lieferung von 100%a der in den Lieferscheinen der Firma T-GmbH ausgewiesenen Menge entsprechend Nr. 1. Der Käufer ist zur Minderung in zu vereinbarender Höhe, im Falle der Nichteinigung in durch den zu 2.3 benannten Sachverständigen festzustellender Höhe, berechtigt, wenn 3.1.1. nicht wenigstens 75% der Folie nach Menge und Gewicht gern. Nr. 1.1 zu seiner Verfügung gestellt werden, 3.1.2. nicht wenigstens 90% des Netzwerkes gern. Nr. 1.2 zu seiner Verfügung gestellt werden. 3.2. Die Minderung kann seitens der Verkäuferin durch Nachlieferung bis zu den genannten Prozentsätzen gern. Vertragsspezifikation innerhalb von 6 Wochen nach Übergabe des Materials an den Käufer abgewendet werden

5.

Abtretung. 5.1. Die Verkäuferin tritt hiermit das unter Nr. 1 genannte Recht an den Käufer ab.

Mit dem anderen Vertrag verkaufte die Kl. die in B. lagernden Materialen an den Bekl. zu einem Preis von 300000 DM- Weiterhin wurde am selben Tag - ohne Einhaltung der Form des § 313 BGB ein Kaufvertrag zwischen der Grundstücksgesellschaft: R-GmbH und dem Bekl. über das Baugrundstück in R. geschlossen. Schließlich trafen die Prozeßparteien unter demselben Datum eine Zusatzvereinbarung, deren Nr. 1 folgendermaßen lautet: "Beide Parteien sind sich einig, daß alle Forderungen L (= KI.) und der mit ihm verbundenen Unternehmen und Personen gegen die DKF sowie deren Forderungen gegen Vorgenannte, gleich aus welchem Rechtsgrunde, ob anhängig oder nicht, von den abgeschlossenen Kaufverträgen unberührt bleiben." Der Bekl. stellte am 16. 9. 1986 bei einer Nachprüfung der Menge der bei der Kl. vorhandenen Folien feist, daß gegenüber der verkauften Menge 41,92% fehlten, und forderte die Kl. auf, die Nachlieferung durch die T-GmbH zu bewirken. Die Folien wurden dem Bekl. nicht übergeben.

Die Kl. verlangt vom Bekl. Zahlung des Kaufpreises aus dem "Folienvertrag", den sie unter Berücksichtigung der Fehlmengen auf 2 148 960 DM beziffert, sowie den Kaufpreis für die in B. gelagerten Materialien von 300000 DM - Den Gesamtbetrag hat sie mit der Klage geltend gemacht und ferner die Feststellung begehrt, daß der Bekl. mit der Annahme von Folie und Netzwerk in Verzug sei. Die Kl. hat behauptet bei den Verhandlungen über die Übernahme der Baumaterialien habe man die Wendung "von der Verkäuferin erklärtes Pfandrecht" (Nr. 1 des Vertrages) eingefügt, um auszudrücken, daß sie nicht mehr verkaufen könne, als sie habe. Hierauf habe ihr anwaltlicher Vertreter Dr. W bei den Verhandlungen auch ausdrücklich hingewiesen. Der Bekl. hat u. a. die Ansicht vertreten, der Vertrag über die Dachfolien sei nichtig, weil die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung - wie sich aus der Zusatzvereinbarung ergebe ausdrücklich nicht mitübertragen werden sollte. Vorsorglich hat er seine auf den Vertragsschluß gerichtete Willenserklärung mit der Begründung angefochten daß der Kl. zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits die Fehlmenge der Dachfolie bekannt gewesen sei und sie gewußt habe, daß die T-GmbH aus wirtschaftlichen Gründen nicht nachliefern könne.

Das LG hat der Klage in Höhe von 2 448 960 DM stattgegeben und den Feststellungsantrag abgewiesen. Gegen seine Verurteilung zur Zahlung hat der Bekl. Berufung eingelegt und in der Berufungsinstanz hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht mit einem Anspruch auf Übertragung des Pfandrechts sowie Herausgabe der Folien, Netzwerke und der in B. lagernden Baumaterialien ausgeübt. Die Kl. hat in der zweiten Instanz behauptet, mit der Klausel "von der Verkäuferin erklärtes Pfandrecht" habe man klarstellen wollen, daß auch eine Übertragung der bloßen Besitzposition gewollt sei, falls ihr kein 818Pfandrecht zustehe. Vorsorglich hat sie dem Bekl. die Abtretung der ihrem Unternehmerpfandrecht zugrundeliegenden Forderung gegen die DKF angeboten. Das OLG hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Revision der Kl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. hat ausgeführt:

Die Kl. habe keinen Zahlungsanspruch aus den abgeschlossenen Kaufverträgen. Der Vertrag über das Pfandrecht an den Dachfolien sei gem. § 306 BGB i. V. mit § 12501 BGB nichtig. Gegenstand dieses Vertrages sei nach dem erklärten Willen der Parteien der Verkauf des Pfandrechts. Der Inhalt des Begriffs sei rechtlich eindeutig und den Parteien bekannt gewesen. Daß man wegen der Zweifel des Rechtsberaters der Kl. am Bestehen des Unternehmerpfandrechts die Formulierung "das von der Verkäuferin erklärte Pfandrecht" eingefügt habe, habe nur für die Gewährleistung Bedeutung: die Kl. sollte für den Bestand des Rechts nicht einstehen müssen. Dafür, daß der Verkauf des Pfandrechts gewollt war, spreche auch der Vortrag der KI., ihr Rechtsanwalt Dr. W sei sich bei der Aushandlung des Vertrages der Problematik des § 1250 BGB bewußt gewesen. Nach seiner Auffassung sei die zugrundeliegende Forderung nach Nr. 5.1 des Kaufvertrages übertragen worden. Wenn die Kl. sich durch ihren rechtlichen Berater solche Gedanken machte, sei dies nur damit zu erklären, daß auch sie selbst allein den Verkauf des Pfandrechts und nicht anderer Besitz(rechts)positionen vereinbaren wollte, die ohne eine zu sichernde Forderung hätten übertragen werden können.

Der Kaufvertrag sei unwirksam, da die Vertragsparteien die Übertragung der dem Pfandrecht zugrundeliegenden Forderungen ausdrücklich ausgeschlossen hätten. Dies ergebe sich aus Nr. 1 der Zusatzvereinbarung, wonach alle Forderungen der Kl. gegen die DKF von den abgeschlossenen Kaufverträgen unberührt bleiben sollten. Die Zusatzvereinbarung sei von vornherein Teil eines Gesamtkonzepts gewesen, innerhalb dessen die Parteien alle rechtlichen und wirtschaftlichen Probleme lösen wollten. Hieraus folge, daß durch die Regelung in dem Kaufvertrag nicht etwa zunächst eine Abtretung der Forderung erfolgt und dann wieder rückgängig gemacht worden sei. Vielmehr müsse man davon ausgehen, daß die Regelung der Zusatzvereinbarung Teil des "Folienvertrages" war. Damit verbiete sich ein Verständnis des Kaufvertrages dahin, daß mit der Verpflichtung zur Abtretung des Pfandrechts zugleich eine Verpflichtung zur Abtretung der Forderung gemeint gewesen sei. Die Behauptung der KI., zwischen den Rechtsberatern der Parteien habe Willensübereinstimmung darüber bestanden, daß bezüglich der unter 5.1 des Kaufvertrages enthaltenen Abtretungsklausel auch die Forderung gemeint gewesen sei, sei demgegenüber unsubstantiiert.

Die Folgen der Übertragung eines Pfandrechts ohne Abtretung der zugrundeliegenden Forderung bestimmten sich nach § 306 BGB und nicht nach § 437 BGB. Die in der letztgenannten Vorschrift zum Ausdruck kommende Besserstellung des Rechtskäufers gegenüber dem Sachkäufer beruhe auf der Überlegung, daß ersterer mehr Schutz verdiene, da das verkaufte Recht nicht sichtbar und er deshalb auf die Angaben des Verkäufers angewiesen sei. Diese Regelung könne daher nicht angewendet werden, wenn sich die Unübertragbarkeit des Rechts bereits aus dem Gesetz ergebe, wie dies bei der isolierten Übertragung des Pfandrechts ohne die Forderung der Fall sei. Daher gehe auch das Angebot der KI., dem Bekl. die Forderung zu zedieren, ins Leere. Eine Verpflichtung zur Abtretung der Forderung habe sie mit dem abgeschlossenen Vertrag nicht übernommen, so daß dementsprechend der Bekl. auch nicht verpflichtet sei, ein derartiges Angebot anzunehmen. Die Verpflichtung zur Abtretung des Pfandrechts könne ferner nicht in eine Pflicht zur Abtretung auch der Forderung umgedeutet werden. § 140 BGB habe nicht den Zweck, einem Rechtsgeschäft, das wegen Verstoßes gegen eine gesetzliche Vorschrift nichtig sei, durch eine im Wege einer Fiktion erfolgte Nachholung der fehlenden Rechtshandlung zur Wirksamkeit zu verhelfen. Der Vertrag könne auch nicht ergänzend ausgelegt werden. Es fehle an einer ausfüllungsbedürftigen Lücke, da die Parteien ausdrücklich vereinbart hätten, daß die zugrundeliegende Forderung nicht zediert werden sollte. Daß sie dabei die eintretenden Rechtswirkungen falsch eingeschätzt hätten, rechtfertige eine ergänzende Vertragsauslegung nicht. Der Zahlungsanspruch sei auch nicht nach § 307 I BGB begründet, da Rechtsanwalt Dr. W sich nach dem eigenen Vorbringen der Kl. der Problematik des § 1250 BGB bewußt gewesen sei. Überdies mache die Kl. einen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses auch nicht geltend. Weil Rechtsanwalt Dr. W nach dem Vortrag der Kl. bei den Vertragsverhandlungen die Problematik des § 1250 BGB vor Augen gestanden habe, käme ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß oder positiver Vertragsverletzung schon mangels Kausalität einer Nebenpflichtverletzung für den entstandenen Schaden ebenfalls nicht in Betracht.

Die Klage sei ferner unbegründet, soweit der Kaufpreis für die in B. lagernden Baumaterialien geltend gemacht werde. Dieser Kaufvertrag sei nach § 139 BGB nichtig, da nicht angenommen werden könne, daß er ohne den Vertrag über das Pfandrecht an den Folien Vertragsrecht abgeschlossen worden wäre. Beide Verträge bildeten eine rechtliche Einheit. Dafür sei entscheidend, daß die Parteien bei Abschluß der Verträge die Einheitlichkeit beider Rechtsgeschäfte gewollt hätten.

II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Ohne Erfolg greift die Revision die vom BerGer. vorgenommene Auslegung der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge an; es hat allerdings eine gebotene ergänzende Vertragsauslegung unterlassen (dazu unten 2), was zur Aufhebung führt. Die Auslegung, daß Gegenstand des Vertrages bezüglich der Dachfolien ein Pfandrecht daran sei, ist möglich und nicht von Rechtsfehlern beeinflußt. Sie wird schon durch den Wortlaut des § 1 dieser Vereinbarung gestützt. Fehl geht die Rüge der Revision, die Vorinstanz habe die Interessenlage der Parteien nicht hinreichend berücksichtigt, da dem Bekl. auch der "Kauf des Besitzes" genügt hätte. Das BerGer. begründet seine Auslegung gerade damit, daß der Bekl. daran interessiert gewesen sei, ein Pfandrecht und nicht nur ein sonstiges Besitzrecht oder den bloßen Besitz an den Folien zu erhalten, weil der Kaufpreis in Millionenhöhe von der spanischen Firma F finanziert werden sollte, deren Bereitschaft dazu aber ganz offensichtlich vom Verkauf eines Pfandrechts abhing. Diese Erwägung ist nicht zu beanstanden. Der Revision hilft auch die Berufung auf das Gebot der "rechtskonformen Auslegung" nicht weiter. Es besagt, daß von mehreren möglichen Auslegungen diejenige den Vorzug verdient, bei der das Rechtsgeschäft wirksam ist (Senat, WM 1971, 503 [504] = NJW 1971, 1034 [1035 unter 2a]). Dieser Grundsatz kann jedoch nur eingreifen, wenn mehrere Interpretationsmöglichkeiten gleichwertig nebeneinander stehen. Nach der Würdigung des BerGer. bestand hingegen ein ausschließliches Interesse des Bekl. daran, nur eine durch ein Pfandrecht vermittelte Rechtsposition zu kaufen. Eine andere, vom Vertragswortlaut her vielleicht denkbare Auslegung schied damit aus.

2. a) Zu Unrecht geht das BerGer. hingegen davon aus, daß der Kl. die Erfüllung des Vertrages über das Pfandrecht wegen § 1250 I 2 BGB unmöglich sei. Daher braucht nicht entschieden zu werden, ob die Unmöglichkeit in einem solchen Fall gem. § 306 BGB zur Nichtigkeit des Vertrages führen oder der Kaufpreisanspruch nach § § 437 I, 440 I, 323 I BGB entfallen würde. Zutreffend ist zwar, daß § 1250 I 2 BGB als Ausdruck der absoluten Akzessorietät des Pfandrechts seine Übertragung ohne die ihm zugrundeliegende Forderung nicht zuläßt. Dies führt im Streitfall indessen nicht dazu, daß ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag anzunehmen ist.

b) Die Vorinstanz legt die Zusatzvereinbarung vom 12. 9. 1986 dahin aus, daß die Übertragung der dem Pfandrecht zugrundeliegenden Forderung ausgeschlossen werde. Diese Auslegung ist möglich. Die dagegen vorgebrachte Verfahrensrüge hat der Senat geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Von der Wiedergabe der Begründung wird abgesehen (§ 565a S. 1 ZPO).

c) Das BerGer. hat jedoch zu Unrecht eine ergänzende Auslegung der Vereinbarung vom 12. 9. 1986 abgelehnt. Die ergänzende Auslegung setzt eine Regelungslücke, also eine planwidrige Unvollständigkeit in den Bestimmungen des Rechtsgeschäfts voraus (vgl. nur BGHZ 90, 69 [73 ff.] = NJW 1984, 1177 = LM § 6 AGB-Gesetz Nr. 3). Das hat das BerGer. nicht verkannt. Seine Begründung, es fehle an einer solchen ausfüllungsbedürftigen Lücke, ist jedoch nicht zutreffend, weil sie allein darauf abstellt, daß die Parteien ausdrücklich vereinbart hätten, die zugrundeliegende Forderung sollte nicht zediert werden. Dabei wird nicht berücksichtigt, daß der für diese Vertragsgestaltung im Augenblick - maßgebliche Gesichtspunkt, nämlich die Geltendmachung der Forderung im Konkurs der DKF, demnächst wegfallen könnte, der Abtretung auch der Forderung seitens der Kl. also nichts mehr im Weg stehen würde und daß die Parteien eben dies vorgesehen hätten, wenn ihnen die Rechtsfolgen einer Verpflichtung zur isolierten Pfandrechtsübertragung bewußt gewesen wären.

d) Eine ergänzende Vertragsauslegung ist hier nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Gesetz mit den §§ 306 bzw. 437, 440, 32311. BGB Bestimmungen enthält, die auf den vorliegenden Fall anwendbar sein könnten. Die dem Vertrag fehlenden Regelungen sind nämlich dann nicht durch Gesetzesvorschriften zu schließen, wenn feststeht, daß die Parteien nach ihrem mutmaßlichen Willen die gesetzliche Regelung nicht wollten (BGH, NJW 8191975, 1116 = LM § 157 [D] BGB Nr. 30 = WM 1975, 419 [421 unter IV 2a]; Palandt-Heinrichs, BGB, 49. Aufl. [1990], § 157 Anm. 2c aa). Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Das dispositive Recht würde der Durchführung des Pfandrechtsverkaufs entgegenstehen. Das hätten die Parteien jedoch nicht gewollt.

e) Die vom BerGer. unterlassene Auslegung kann das RevGer. selbst nachholen (BGHZ 65, 107 [112] = NJW 1976, 43 = LM § 635 BGB Nr. 39; BGH, NJW 1988, 2099 = LM § 157 [D] BGB Nr. 50 = WM 1988, 767 [769 unter II 2]). Dabei ist darauf abzustellen, welche Regelung die Parteien im Hinblick auf den mit dem Vertrag verfolgten Zweck bei sachgerechter Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte getroffen hätten (BGHZ 90, 69 [75] = NJW 1984, 1177 = LM § 6 AGB-Gesetz Nr. 3; BGH, NJW 1975, 1116 = LM § 157 [D] BGB Nr. 30 = WM 1975, 419 [unter IV 2c aa]).

Vertragszweck war es hier, dem Bekl. das Pfandrecht an den Dachfolien und dem Netzwerk zu verschaffen. Die zur Erfüllung des Vertrages notwendige Abtretung der zugrundeliegenden Forderung hatten die Parteien allein im Interesse der Kl. ausgeschlossen. Sie wollte sich - wie das BerGer. feststellt - das Recht vorbehalten, die Aufhebung des Konkursverfahrens gegen die DKF von ihrer Zustimmung abhängig zu machen. Dies setzte voraus, daß sie weiterhin Inhaberin der Forderung und damit Konkursgläubigerin war. Für den Bekl. war es hingegen ohne Interesse, daß die Kl. Inhaberin der Forderung blieb. Hätten die Parteien gewußt, daß die Durchführung des Folienvertrages und der weiteren am 12. 9. 1986 getroffenen Vereinbarungen scheitern werde, falls die KI. den durch das Pfandrecht gesicherten Anspruch nicht an den Bekl. zedierte, hätten sie die Verpflichtung zur Abtretung der Forderung vereinbart. Der KI. hätte an der Erlangung des Kaufpreises für das Pfandrecht mehr gelegen als an ihrer weiteren Teilnahme am Konkurs der DKF. Dafür spricht schon, daß sie dem Bekl. nunmehr die Abtretung der Forderung anbietet. Die Interessen des Bekl. werden demgegenüber durch den Erwerb der Forderung nicht zu seinen Ungunsten beeinträchtigt, so daß aus seiner Sicht keine Gründe gegen eine derartige vertragliche Regelung sprechen. Nach alledem ist eine Auslegung, die der erfüllungsbereiten Kl. ein Festhalten am Vertrag verwehren und dem Bekl. eine Abkehr vom Vertrag ermöglichen würde, mit dem bei der ergänzenden Vertragsauslegung zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren.

Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 5641 ZPO). Daran ist der erkennende Senat nicht durch den Nichtannahme-Bescl.1.uß des V. Zivilsenats des BGH (Beschl. v. 12.10.1989- V ZR 17/ 89) gehindert. Ein Grund zur Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen gem. § 136 GVG (Abweichung in einer Rechtsfrage) besteht nicht, weil der hier maßgebliche Aufhebungsgrund in der Entscheidung vom 12. 10. 1989 nicht berührt worden ist (vgl. Wieczorek, ZPO, z. Aufl., § 136 GVG Anm. B III Abs. 2). Da der Senat mangels Entscheidungsreife nicht selbst endgültig über die Sache befinden kann (§ 565 III Nr. 1 ZPO), ist sie an das BerGer. zurückzuverweisen (§ 565 I ZPO).

III. Bei der anderweitigen Verhandlung und Entscheidung wird nunmehr zu prüfen sein, ob der Vertrag über die Folien aus anderen Gründen unwirksam ist, was sich beim gegenwärtigen Prozeßstand nicht ausschließen läßt.

1. Dies kann allerdings nicht schon daraus folgen, daß im Parallelrechtsstreit, in dem die Grundstücksgesellschaft R-GmbH den Grundstückskaufpreis gegen den Bekl. geltend gemacht hat, die Klage mit der Begründung abgewiesen worden ist, der Folienvertrag und - wegen § 139 BGB - der Grundstückskaufvertrag seien unwirksam. Die Annahme, der Folienvertrag sei gem. § 306 BGB nichtig, ist - wie ausgeführt - unzutreffend. Deshalb kann eine Nichtigkeit des Folienvertrags auch nicht unter dem Gesichtspunkt angenommen werden, eine daraus hergeleitete Nichtigkeit des Grundstückskaufvertrags erstrecke sich - wiederum über § 139 BGB - auf den Folienvertrag.

2. Es wird aber zu bedenken sein, daß der Folienvertrag gem. § 313 BGB notarieller Beurkundung bedurft haben kann. Eine Vereinbarung, die für sich allein nicht formbedürftig ist, unterliegt der Formvorschrift des § 313 BGB dann, wenn sie mit einem Grundstückskaufvertrag eine rechtliche Einheit bildet (BGHZ 101, 393 [3961 = NJW 1988, 132 = LM § 313 BGB Nr. 117; BGH, NJW-RR 1990, 340 = LM § 313 BGB Nr. 128 [unter I 2a]). Diese Voraussetzungen können ]hier im Hinblick auf den Kaufvertrag über das Grundstück in R.. erfüllt sein. Ein danach in Betracht kommender Formmangel wäre aber - ebenso wie ein etwaiger Formmangel des Grundstückskaufvertrages selbst, der als solcher über § 139 BGB auch zur Nichtigkeit des Folienvertrags führen könnte - in entsprechender Anwendung des § 313 S. 2 BGB geheilt, sofern das Eigentum an dem dänischen Grundstück inzwischen wirksam auf den.Bekl. übertragen worden ist (vgl. BGHZ 73, 391 [396] = NWJ 1979, 1773 = LM § 313 BGB Nr. 83).

3. Ferner kann sich die Nichtigkeit des Vertrages daraus ergeben, daß der Bekl. seine Vertragserklärung wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten haben könnte (§§ 1231, 1421 BGB). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß eine Bestätigung des Rechtsgeschäfts (§ 1441 BGB) nicht mit der vom LG gegebenen Begründung bejaht werden könnte. Das LG sieht eine Bestätigung darin, daß der Bekl. mit Schreiben vom 3. 10. 1986 auf eine Nachlieferung gedrängt habe. Nach dem Vortrag des Bekl. war ihm zu diesem Zeitpunkt jedoch nur der Umfang der Fehlmenge von 41,92% bekannt. Daß die Kl. davon bei Vertragsschluß gewußt habe, habe sein Rechtsberater aber erst am 18. 11. 1986 erfahren. Voraussetzung für die Bestätigung eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts ist indes, daß der Anfechtungsberechtigte in seiner Erklärung seinen Willen zum Ausdruck bringt, ein ihm bekanntes Anfechtungsrecht nicht auszuüben. Im Falle der arglistigen Täuschung kann der Anfechtungsberechtigte daher den Bestätigungswillen nur haben, wenn er weiß oder mindestens mit der Möglichkeit rechnet, daß der Gegner ihn bewußt getäuscht hat. Außerdem muß er wissen, daß sich daraus für ihn ein Anfechtungsrecht ergibt (Senat, NJW 1971, 1795 [1800 unter II 3e cc] = WM 1971, 749 [753]; vgl. zu den Voraussetzungen der Bestätigung zuletzt BGH, NJW 1990, 1106 [unter II 1]). An dieser Kenntnis würde es nach dem Vortrag des Bekl. am 3. 10. 1986 gefehlt haben.

4. Die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob die Kl. überhaupt Inhaberin eines Unternehmerpfandrechts (§ 647 BGB) geworden ist, läßt allerdings die Wirksamkeit des "Folienvertrages" unberührt. Besteht das verkaufte Recht nicht, so richten sich die Rechtsfolgen der Unmöglichkeit der Erfüllung grundsätzlich nach den §§ 437, 440, 320 ff. BGB. Der Vertrag wäre unter diesem Gesichtspunkt allein dann gem. § 306 BGB nichtig, wenn die Entstehung des verkauften Rechts überhaupt unmöglich war (vgl. RGZ 90, 240 [244]; H. P. Westermann, in: MünchKomm, z. Aufl. [1988], § 437 Rdnr. 1). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Der Bekl. hat zwar die Ansicht vertreten, ein Bauunternehmer - wie die Kl. - könne zur Sicherung ihrer werkvertraglichen Forderungen nur einen Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek nach § 648 BGB, nicht dagegen ein Werkunternehmerpfandrecht erwerben. Das trifft nicht zu. Allerdings regelt § 648 BGB eine für den Bauunternehmer spezifische Sicherungsmöglichkeit, die dem Umstand Rechnung trägt, daß nach seiner Vorleistung regelmäßig nur das Grundstück als Sicherungsobjekt zur Verfügung steht. Das schließt indessen nicht aus, daß für den Bauunternehmer im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit auch ein Pfandrecht an beweglichen Sachen entsteht (vgl. Ingenstau-Korbion, VOB, 11. Aufl. [1989], § 16 VOB/B Rdnr. 414).

Konkret kann sich ein derartiges Pfandrecht aus folgendem, im Tatbestand des Berufungsurteils festgehaltenen Sachverhalt ergeben, auf den das BerGer. - von seinem Standpunkt mit Recht - nicht weiter eingegangen ist (vgl. zur Rechtslage Soergel, in: MünchKomm, § 647 Rdnr. 9): "Die fertig zu konfektionierenden Dachfolien waren ursprünglich von der DKF bei der T-GmbH bestellt worden. Aufgrund einer späteren Vereinbarung zwischen der DKF und der Kl. war der Verarbeitungsteil aus dem Lieferungs- und Verarbeitungsvertrag zwischen der DKF und der T-GmbH herausgenommen und in den Vertrag zwischen der DKF und der KI, einbezogen worden. Inwieweit die Bearbeitung der Folien tatsächlich Leistungsgegenstand des Vertrages zwischen der DKF und der Kl. war, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls bearbeitete die T-GmbH die Folien und lieferte sie bei der Kl. an. Die T-GmbH erhielt auch eine entsprechende Vergütung." Soweit die für die Entstehung des Unternehmerpfandrechts erforderlichen Voraussetzungen (wie: Forderungen der Kl. gegen die DKF und Eigentum der DKF an den Folien)820streitig sind, handelt es sich um Umstände, deren Fehlen nicht die Wirksamkeit des Vertrages zwischen den Parteien betrifft, das allerdings zum Verlust des Kaufpreisanspruchs führen würde (§§ 4401, 3231 BGB).

IV. Solange nicht die Wirksamkeit des Vertrages über den Verkauf des Pfandrechts feststeht, kann auch die Wirksamkeit des Vertrags hinsichtlich der in B. lagernden Materialien nicht abschließend beurteilt werden. Das BerGer. hat zwischen beiden Verträgen Einheitlichkeit i. S. von § 139 BGB angenommen. Dagegen bestehen keine Bedenken.

Referring Principles
A project of CENTRAL, University of Cologne.